Schicksalsschlag auf See: Millionärsyacht Bayesian sinkt in Minuten – 7 Menschen sterben – Haben Überlebende Anspruch auf Entschädigung?
Die Chronik zur Katastrophe:
Um 5 Uhr morgens meldet die Besatzung der Yacht Sir Baden Powell, die in der Nähe der Bayesian vor Anker lag, ein SOS an die Hafenbehörde in Palermo: „Die Bayesian geht unter! Sie ist zur Seite gekippt. Es geht rasend schnell. Das Schiff liegt nicht weit von uns.“
Sofort setzen sich Kapitän Börner und weitere Crewmitglieder in ein Beiboot und steuern so schnell sie können, zur Segelyacht. In der Dunkelheit des frühen Morgens schimmert die Silhouette des Schiffs gräulich und wird vom Meer geradezu regelrecht aufgesogen. Sie hören Schreie von Menschen die im Wasser schwimmen und können alle ins Boot holen. Einer der Überlebenden ruft: „Da sind noch einige im Schiff.“ Die Retter versuchen in die Yacht zu gelangen aber der Sog der untergehenden Yacht ist so stark, dass sie keine Chance mehr haben in das Innere zu gelangen. Sie müssen zusehen, wie das Segelschiff innerhalb von ein paar Minuten in den Tiefen des Meeres verschwindet. Die Rettungskräfte kommen an den Ort des Untergangs und Taucher können einige Passagiere bergen. Sie sind alle tot. Schiffskoch Recaldo Thomas liegt tot neben dem Wrack, in 50 Meter Tiefe. Yachteigner Mike Lynch und seiner Tochter Hannah sind tot. Ihre Körper werden ein paar Tage später gefunden. Die Ehefrau Angela Bacares überlebt. Sie weiß zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass sie ihren Mann und ihre Tochter verloren hat.
Wie konnte es dazu kommen?
Am Abend zuvor meldeten die örtlichen Wetterdienste ein leichtes bis mittelschweres Gewitter.
Kapitän James Cutfield von der Bayesian entschied die Nacht nicht in den sicheren Hafen von Palermo zu fahren, sondern in der Bucht von Porticello zu ankern. In der Nacht kam dann der Sturm. Mit einer Windgeschwindigkeit von über 100 km pro Stunde. Und dann kam die unerwartete und plötzliche, wie aus dem Nichts stammende, Tragödie. Ein Tornado bildete eine Windhose und fegte über das Schiff. Sofort kippte die gesamte Segelyacht zur Seite. Der überlebende Matrose Mathew Griffith schildert: „Wir wurden aus dem Schlaf gerissen. Ich weckte sofort Captain Cutfield und der sagte wir sollen die Gäste aufwecken und aus dem Schiff bringen. Wir gingen an Deck und wurden dabei ins Meer geschleudert. Wir stiegen dann wieder an Bord und versuchten ins Innere zu gelangen aber es war zu spät. Die Yacht sank in so hoher Geschwindigkeit, dass wir nicht mehr die anderen Insassen holen konnten.“
War menschliches Versagen die Ursache? Hätte der Captain von vornherein in den sicheren Hafen einlaufen sollen? Hat die Crew falsch gehandelt? Oder war es eine Naturkatastrophe? Plötzliche Tornadowinde ereignen sich in letzter Zeit immer öfter. Aufgrund der Klimaerwärmung ist das Meer ist oft so aufgeheizt, dass bei Sommerstürmen so starke Temperaturunterschiede zwischen Wasser und Luft herrschen, was dann Tornados entstehen lässt.
Welche Ansprüche haben Überlebende und Angehörige der Opfer gegenüber der Versicherung?
- Die Bootshaftpflichtversicherung deckt Ansprüche Dritter ab, die durch den Betrieb der Yacht entstanden sind. Wenn der Untergang der Yacht Umweltschäden verursacht (z. B. durch ausgelaufenes Öl oder Treibstoff) oder Personen- oder Sachschäden an Dritten entstehen, übernimmt die Bootshaftpflichtversicherung die Entschädigungszahlungen. °
- Die Bootskaskoversicherung deckt hauptsächlich Schäden am Schiff oder dessen Totalverlust infolge von Unfällen, einschließlich Untergang, Kollisionen, Feuer, Diebstahl. Diese Deckung übernimmt die Kosten für Reparatur oder Ersatz des Schiffes
- P&I-Versicherung: Die Geschädigten könnten Leistungen von einer P&I-Versicherung (Protection & Indemnity) in Anspruch nehmen, sofern der Eigner solch eine Versicherung abgeschlossen hat. Die P&I ist eine spezielle Versicherung, die von Schiffsbetreibern genutzt wird. Sie deckt eine Vielzahl von Risiken ab, die über die normale Kaskoversicherung hinausgehen, einschließlich Umweltschäden, Verschmutzung, Verletzungen von Crewmitgliedern oder Passagieren und Bergungskosten. Die P&I-Versicherung deckt auch die Haftung des Schiffseigners für den Tod oder die Verletzung von Crewmitgliedern und Passagieren. Das schließt alle rechtlichen Ansprüche ein, die die Hinterbliebenen oder Verletzten gegen den Schiffseigner oder den Betreiber geltend machen können. Hierbei sind Todesfälle von Passagieren, Crewmitgliedern oder Dritten, die durch den Betrieb des Schiffes verursacht wurden, finanziell abgesichert. Diese Deckung übernimmt darüber hinaus auch Ansprüche von Hinterbliebenen auf Schadensersatz, also die Kosten für Bestattung, den Verlust von Unterhaltszahlungen sowie andere finanzielle Verluste, die durch den Tod eines Passagiers entstehen. Abhängig von den Rechtsvorschriften des jeweiligen Landes, in dem die Ansprüche geltend gemacht werden, kann die P&I-Versicherung auch Schmerzensgeld für die emotionale Belastung und das Leid der Hinterbliebenen abdecken. Die Höhe und Art des Schmerzensgeldes, hängt stark von der Rechtsprechung des Gerichtsstandes ab, an dem die Ansprüche geltend gemacht werden. Wichtig: In Fällen, in denen grobe Fahrlässigkeit, vorsätzliches Fehlverhalten oder Verstöße gegen gesetzliche Vorschriften vorliegen, könnte der P&I-Versicherer die Deckung ablehnen oder einschränken.
- Unfallversicherung: Des Weiteren kann die Unfallversicherung herangezogen werden, sofern solch eine abgeschlossen wurde. Diese leistet, wenn sich beim Untergang der Yacht Personen an Bord verletzt haben oder hierdurch verstorben sind. Diese Versicherung deckt medizinische Kosten, Invaliditätsleistungen oder Todesfallentschädigungen ab.
Wie hoch sind die Entschädigungssummen?
Abhängigkeit vom Gerichtstand /Land:
Die Haftung des Schiffsbetreibers und die daraus resultierenden Entschädigungsansprüche richten sich oft nach dem Recht des Landes, unter dessen Flagge das Schiff fährt, oder nach dem Recht des Landes, in dem das Ereignis eingetreten ist.
Gerichtliche Entscheidungen
Wenn es zu einem Rechtsstreit kommt, kann ein Gericht die Höhe der Entschädigung festlegen. Gerichte berücksichtigen Faktoren wie das Alter, den Verdienst und die finanzielle Abhängigkeit der Hinterbliebenen sowie die Umstände des Unfalls. In einigen Ländern gibt es auch gesetzlich festgelegte Schadensersatzhöhen für Todesfälle.
Abhängigkeit vom Status der Geschädigten (Crew vs. Passagiere)
Die Entschädigungshöhen können je nach Art der Geschädigten unterschiedlich sein. Für Crewmitglieder können Arbeitsgesetze und spezielle Abkommen gelten, während für Passagiere in der Regel das internationale Seerecht und die Vertragsbedingungen des Tickets gelten.
Abhängigkeit von den Deckungssummen
Versicherungen haben in der Regel Deckungshöchstgrenzen, die für Personenschäden vorgesehen sind. Diese Grenzen können sich auf mehrere Millionen oder sogar Milliarden US-Dollar belaufen, abhängig von der Größe des Schiffs und der Deckung, die der Schiffseigner gewählt hat. Oft gibt es auch eine Summenbegrenzung pro Opfer. Wie hoch sind die Entschädigungen? Das hängt davon ab, wie hoch der Schiffseigner, Software Tycoon Mike Lynch, seine Segelyacht versichert hat. Das ist bisher öffentlich noch nicht bekannt. Feststeht, dieses teure Schiff lag vor Palermo, in italienischen Gewässern. Italien, als Mitglied des Athener Abkommens sieht per Gesetz vor, dass mindestens eine Entschädigung in Höhe von 400.000,00 Euro pro Person gezahlt werden muss. Und es kommt auf die Größe des Schiffes an. Die Bayesian war 56 Meter lang. Der Mast der Segelyacht war aus Aluminium und einer der längsten der Welt, mit 75 Meter Höhe. Hier dürften weitaus größere Summen im Spiel sein.
Abhängigkeit von Konventionen und internationale Übereinkommen
Das Athener Übereinkommen legt beispielsweise eine Haftungsgrenze von etwa 400.000 Euro „Sonderziehungsrechten“ (SDRs) pro Passagier fest (Stand 2024 entspricht dies etwa 520.000 USD), sofern kein schuldhaftes Verhalten des Schiffseigners nachgewiesen wird. Wenn dem Schiffseigner oder seinen Angestellten ein Verschulden nachgewiesen wird, kann die Entschädigungssumme deutlich höher ausfallen.
Damit ist die Tragödie der Bayesian noch nicht zu Ende
Der Segelturn der Bayesian endete für Software Tycoon Mike Lynch in einer tödlichen Tornado Falle. Er hatte Freunde und Geschäftspartner auf das Schiff eingeladen, um seinen gerichtlichen Erfolg gegen Hewlett Packard, an die er eine Erfindung verkauft hatte, zu feiern. Der Konzern hatte über 10 Jahre lang seine Verkaufsforderung gerichtlich angezweifelt. Der Kaufpreis von ca. 1 Milliarde, den Lynch eingestrichen hat, soll durch falsche Zahlen und frisierte Bilanzen verschönt worden sein. Das Gericht hat letztendlich Lynch Recht gegeben.
Nun lebt er nicht mehr, um diese neue Freiheit zu genießen. Software-Konzern HP hat gerade angekündigt, einen neuen Gerichtsprozess einzuleiten. Gegen die Witwe Angela Bacares. Tochter und Mann sind gerade beerdigt worden und sie soll nun 1 Milliarde Dolllar an den Konzern bezahlen. Sämtliche Zeugen, die ihr in diesem Fall helfen könnten, sind beim Untergang der Bayesian ums Leben gekommen.